01.07.2018
Schweizer Bundesgericht, 4A_576/2017 vom 11. Juni 2018
Das Offenbarungsprinzip analog zum Medeva-Entscheid des EuGH gilt zukünftig auch für (neue) ESZ in der Schweiz.
In seinem Entscheid 4A_576/2017 vom 11. Juni 2018 entschied das Schweizer Bundesgericht, dass abweichend vom bisherigen Verletzungsprinzip (vgl. BGE 124 III 375) für neu erteilte ergänzende Schutzzertifikate (ESZ, engl. Supplementary Protection Certificates, SPC) in der Schweiz zukünftig ebenfalls das Offenbarungsprinzip gelten soll, analog zum sog. Medeva-Entscheid (CJEU C-322/10) des Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH).
«An BGE 124 III 375 kann nicht festgehalten werden.
Bezeichnet das Grundpatent nur einen von zwei Wirkstoffen, kann ein Erzeugnis
nach der Arzneimittelzulassung nicht als ergänzendes Schutzzertifikat beansprucht
werden, wenn es aus zwei Wirkstoffen zusammengesetzt ist. Art. 140b PatG ist
vielmehr entsprechend dem europäischen Vorbild (Art. 3 der Verordnung [EG] Nr.
469/2009) so auszulegen, dass die Wirkstoffe des Erzeugnisses im Grundpatent
beansprucht werden müssen, indem sie in den Patentansprüchen benannt werden,
oder indem sich die Patentansprüche
—
im Lichte der Beschreibung (Art. 51 Abs. 3 PatG, Art. 69 EPÜ 2000) ausgelegt
— zumindest stillschweigend, aber
notwendigerweise auf diese Wirkstoffe beziehen, und zwar in spezifischer Art
und Weise.» [BGE, 4A_576/2017 vom 11. Juni 2018, E. 2.2.6]
Gleichzeitig stellt das Bundesgericht auch klar, dass diese Änderung
der Rechtsprechung keine negative Wirkung auf die Gültigkeit bereits erteilter
ESZ hat [E. 3.3 ff].
BGer, 4A_576/2017 vom 11. Juni 2018
CJEU,
C-322/10 vom 24. November 2011